Italien ist schon lange ein Sehnsuchtsort für Deutsche. Einen wichtigen literarischen Meilenstein für diese Sicht lieferte bereits Johann Wolfgang von Goethe, der seinen berühmten Italienaufenthalt zwischen September 1786 und Mai 1788 in Tagebucheinträgen beschrieb. Auf seinem Heimweg nach Weimar kam er im April 1788 auch nach Siena.
Im Gegensatz zum Dichterfürsten war dies für unsere Reisegruppe jedoch die erste Station. Ähnlich wie Goethe damals mussten auch wir die hochgelegene Stadt erst einmal „erklimmen“, aber schon bald war klar, dass sich alle Anstrengungen lohnten. Vor uns lag ein mittelalterliches Kleinod, das mit seinem ganzen Charme der engen Gassen, seinen gotischen Bauwerken und mit dem zentralen Palazzo Pubblico auf der Piazza del Campo alle in den Bann zog. Spätestens der Panorama-Rundblick vom hohen Turm (Torre del Mangia) des heute als Rathaus genutzten Palastes aus dem 14. Jahrhundert ließ erahnen, in welch zauberhafter Landschaft wir waren: Inmitten der Toskana, von der Goethe seinerzeit gesagt haben soll: „Die Toskana liegt nicht in Italien, sondern Italien liegt in der Toskana.“
Am zweiten Tag der Reise stand ein Ausflug an den Strand von Baratti auf dem Programm. Obwohl das Jahr Ende Oktober doch schon weit fortgeschritten ist, war allen ein warmer, sonniger Badetag vergönnt. In einer malerischen Bucht, die von Pinienwäldern und sanften Hügeln umgeben ist, konnten alle mitten im Spätherbst noch einmal etwas von der Leichtigkeit des Sommers verspüren. Abgerundet wurde der Tag mit einem Besuch in der Stadt Volterra, die zu den ältesten Städten Italiens gehört und die vor allem von einer heute als Staatsgefängnis für Mafia-Bosse benutzten Festung der Medici, der Fortezza Medicea, geprägt ist.
Der folgende Tag führte nach einer Wanderung um die Abtei San Galgano zu den Bagni di Petriolo ihren natürlichen Thermalquellen. Hier konnte im warmen, schwefelhaltigen Wasser noch einmal Entspannung pur genossen werden.
Ein letzter Tag wartete noch auf uns und der hatte es in sich. Zwar war inzwischen Regen angesagt, aber das hinderte nicht, das wunderbare Florenz zu entdecken, das durch die Kaufmannsfamilie der Medici in der Renaissance zu unvorstellbarem Reichtum gelangte. Überwältigend durch imposante Bauwerke, bei denen vor allem der Dom hervorragt, birgt Florenz einen unvergleichlichen Reichtum an Kunstschätzen und ist gleichzeitig ein pulsierendes Zentrum städtischen Lebens. Vor allem der Eintritt in die weltberühmten Uffizien, dem zentralen Museum von Florenz, schenkte uns allen einen starken Eindruck von Schönheit und Vollkommenheit. In besonderer Weise konnten uns die Venus, die auf dem weltberühmten Gemälde „Die Geburt der Venus" von Sandro Botticelli zu sehen ist, die Nachbildung der Davidstatue von Michelangelo, aber auch zahllose andere Ausstellungsstücke zutiefst ins Herz der Kunstgeschichte einführen und einmalige ästhetische Leckerbissen schenken. Aber auch der Gang über den berühmten Ponte Vecchio, eine der ältesten Segmentbogenbrücken der Welt, und das Schlendern durch die Gassen der Stadt beeindruckten. Kein Wunder, dass das US-amerikanische „Forbes Magazine“ Florenz unter die schönsten Städten der Welt zählt.
Goethe endete seine Einträge über die Italienreise damals mit einem Gedicht aus der Elegie „Tristia“ des antiken römischen Dichters Ovid. Dort heißt es: „Wiederhol ich die Nacht, wo des Teuren so viel mir zurückblieb, gleitet vom Auge mir noch jetzt eine Träne herab.“ Ich denke, das gilt ein Stück weit auch für uns alle, denn wir durften dort sein und dabei viel „Anrührendes“ und „Teures“ erleben.
Andreas Völker, Klassenleiter 10 c